Das Filzen

Mit dem Filzen fing bei mir alles an: Die Woll-Sucht, die Neugier auf textile Techniken und deren Herkunft – und auch das Bedürfnis, das Wissen darüber weiter zu geben und nicht aussterben zu lassen.

Im Jahr 2002 geriet ich während meines Archäologie-Studiums zufällig in einen Filzkurs. Das war im Federsee Museum Bad Buchau, wo ich zu der Zeit ein Museumspraktikum machte. Die Kursleiterin hieß Mo (mehr weiß ich leider nicht mehr). Das Wetter war gut und wir konnten draußen im wunderbaren Freigelände des Museums arbeiten. Ich erinnere mich an die duftenden Wollberge und den ersten Kontakt zwischen Wolle und warmer Seifenlauge. Da war es um mich geschehen. Ich habe den ganzen Tag an meinem Erstlingswerk gearbeitet: Ein Hexenhut – den ich noch heute an Halloween und anderen passenden Gelegenheiten trage.

Seitdem konnte ich nicht mehr von der Wolle lassen. Ich habe angefangen in der Literatur nach archäologischen Filzfunden zu suchen und stieß auf viele andere alte textile Techniken. Und wie ich halt so bin: ich musste natürlich alles selbst ausprobieren.

Manches habe ich wirklich nur mal getestet, aber vieles hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dran geblieben bin. Direkt nach dem Studium hatte ich sogar eine Promotion mit dem Arbeitstitel „Prähistorische Textiltechniken“ begonnen. Die habe ich aber inzwischen an den Nagel gehängt. Aus den Vorarbeiten sind aber einige Ausstellungen entstanden und bisher auch zwei Bücher zum Nadelbinden und zum Spinnen. Weitere sind in Arbeit!

Wer Filz-Kontakte knüpfen will, ist beim Filznetzwerk e.V. an der richtigen Adresse.

Geschichte des Filzens

Wie alle Textilien sind auch gefilzte Stücke seltene Funde bei archäologischen Ausgrabungen, da organische Materialien normalerweise schnell verrotten.

Die ältesten gesicherten Filzfunde stammen aus West-China. In Gräberfeldern der Wüstenregion des Tarimbeckens erhielten sich Trockenmumien mit vollständiger Bekleidung aus einem Zeitraum zwischen 2.000 v. und 200 n. Chr. Schon in den ältesten Gräbern gibt es auch Filzfunde, darunter Hüte, Decken und sogar kniehohe rot-blau-orange geringelte Strümpfe.

Berühmt sind die skythischen Filzfunde aus dem Altaigebirge. Wandteppiche mit bunten figürlichen Stickereien, farbenfrohe Satteldecken und sogar ein aus Filzstücken genähter Schwan erhielten sich unter Permafrostbedingungen in Grabhügeln aus der Zeit zwischen 600 und 300 v. Chr.

Erst aus der Zeit der Wikinger kennen wir auch Filzfunde im Gebiet des heutigen Deutschland. In Haitabu wurden gegen Ende des 1. Jt. n. Chr. kleine Filzreste zum Abdichten der Schiffe verwendet. Wovon diese Filzreste jedoch stammen, weiß man leider nicht (sie haben Schnittkanten und wurden also irgendwo abgetrennt). Die faszinierendsten Fundstücke sind jedoch zwei gefilzte Tiermasken.

Wie funktioniert Filzen?

Filz entsteht durch das Verdichten und Verwirken von Fasern. Maschinell können heute mit Hilfe spezieller Filznadeln praktisch alle Fasern verfilzt werden. Diese Nadeln nutzt man auch einzeln im Kreativbereich zum sogenannten Nadelfilzen. Doch die traditionelle Art des Filzens arbeitet mit Schafwolle, Wasser und viel Körpereinsatz.

Die schuppige Oberflächenstruktur der Wollhaare macht sie zu perfekten Filzfasern. Nur etwas Feuchtigkeit und Bewegung ist nötig, um aus loser Wolle festen Filz zu erzeugen. Wärme und ein alkalisches Milieu (z.B. durch Seifenlauge) beschleunigen den Filzprozess.

Durch die Verwirkung der Fasern schrumpft der Filz und wird härter, fester und dichter. Die Schuppen der Faseroberfläche wirken dabei wie Widerhaken. Sie verhindern, dass sich der Filz wieder auflösen kann. Die Kunst des Filzens besteht nicht nur darin, den Schrumpfungsprozess durch gezieltes Walken zu kontollieren. Schon zuvor muss die Wolle so vorbereitet und ausgelegt werden, dass später die gewünschte Form entstehen kann.

Wer es lernen will, dem kann ich „Schafwolle verarbeiten“ aus dem Ulmer Verlag empfehlen (wo ich das Kapitel zum Spinnen geschrieben habe). Hier gibt es ein ausfühliches Kapitel zum Filzen von Margit Köpf.

Wer das Filzen lernen will, dem kann ich unser gemeinsames Buch „Schafwolle verarbeiten“ aus dem Ulmer Verlag empfehlen (wo ich das Kapitel zum Spinnen geschrieben habe). Hier gibt es ein ausfühliches Kapitel zum Filzen von Margit Röhm. Es wird sowohl das Nass- als auch das Trockenfilzen beschrieben.