Nassfilzen

Beim Nassfilzen handelt es sich um die traditionelle Art des Filzens. Das Filzen mit Hilfe von Nadeln ist eigentlich gar kein richtiges Filzen – wer mal versucht hat, mit der Nadel eine Tasche oder Pantoffeln zu filzen wird wissen, was ich meine… Alles wird nur ganz zart verbunden. Nass Gefilztes dagegen kriegt man nie wieder auseinander!

Wenn Ihr schon in ein paar Bücher über das Filzen hineingesehen habt, dann ist es Euch sicher schon aufgefallen: Jede(r) macht es ein wenig anders, aber das Prinzip ist immer gleich. Die Wolle verfilzt sich unter Zugabe von heißem Wasser und Seife wenn sie zuerst sanft, später stärker bewegt wird.

Bunte, gefilzte Eicheln

Ich gebe hier mal eine ganz allgemeine Beschreibung, im Anschluß dann ein paar konkretere Tips mit Hilfe von Beispielen.

Was man braucht:

  • Eine wasserfeste geräumige Arbeitsfläche (Tisch mit Wachstuch)
  • Zeit und Ruhe
  • Wolle (für den Anfang am besten fertig kardierte Wolle im Band oder Vlies – denn wenn man Rohwolle nimmt, muss man diese erst vorbehandeln, wozu man Handkarden (ich habe auch schon mal Wolle mit einer alten Haarbürste kardiert, aber das ist nicht wirklich zu empfehlen…) oder eine Kardiermaschine braucht)
  • Seife die auf keinen Fall pH-neutral sein sollte (wer empfindliche Hände hat, sollte auf Olivenölseife ausweichen)
  • Gießgefäß oder Wasserspritzflasche, vielleicht auch ein paar Schüsseln
  • Heißwasserkocher
  • Als Unterlage zum Walken eine Gummi-Autofußmatte, eine Ikea-Schubladeneinlage (mein Favorit!) oder Noppenfolie, es geht aber auch auf der geriffelten Spülablage oder zur Not einfach auf dem Tisch
  • Schablonen kann man aus Noppenfolie oder anderer formstabiler Plane/Folie machen

Man beginnt damit, die Wolle auszulegen. Wie man Wolle um eine Schablone auslegt beschreibe ich unten bei den konkreten Beispielen (z.B. Beutel filzen etc.). Hier filzen wir jetzt erst mal eine einfache Blüte aus einer Fläche.

Achtung: Immer bedenken, daß das Ganze beim Filzen bis zu 30% schrumpft, also immer etwas größer auslegen als das Endprodukt sein soll!

  • Man zupft die Wolle aus dem Vlies oder Kardenband und legt sie in einer ersten dünnen Schicht dachziegelartig neben- und übereinander, wobei die Fasern aber immer in eine Richtung zeigen sollten.
Auslegen der Wolle
  • Die nächste Schicht legt man wieder dachziegelartig aus, aber mit der Faserrichtung senkrecht zur vorherigen Lage, also überkreuz.  
  • Die Anzahl der Lagen richtet sich nach der gewünschten Dicke des späteren Filzes, es müssen aber mindestens zwei sein. Man kann zwischendurch immermal die Wolle plattdrücken, um zu sehen, wie dick das Ergebnis ungefähr sein wird, und ob Knötchen drin sind oder manche Stellen zu dick oder dünn geraten.
Befeuchten der Wolle
  • Nun wird die Wolle vorsichtig mit heißem Wasser besprenkelt. Die Wolle sollte gut befeuchtet sein, aber das Wasser nicht literweise an den Seiten herauslaufen. Dann nimmt man die Seife, reibt sich kräftig die Hände ein und beginnt, das Vlies vorsichtig platt zu drücken und dabei die Hände ganz leicht hin und her zu bewegen um ein erstes Verfilzen zu erreichen. Wenn die Wolle an den Händen kleben bleibt: neu einseifen und mehr Wasser drauf!
    • Viele benutzten anstelle des heißen Wassers direkt eine heiße Seifenlauge und sprenkeln diese über die Wolle
    • Über die Temperatur des Wassers habe ich auch verschiedenes gehört, manche sagen: „So heiß wie man es eben an den Händen aushält“, andere sagen nicht über 58 Grad
    • Wenn man Angst hat die Wolle bleibt zu sehr an den Händen kleben oder wenn man fürchtet sein Motiv zu zerstören, kann man ein Fliegengitter oder ein anderes nicht einfilzendes Material darüberlegen (Futterstoff), und dann erst mit dem Reiben beginnen. Ich habe auch mal gelesen, man solle ein Malersieb darüberlegen, und dann einfach das ganze Sieb darauf hin und her schieben.
    • Achtung: beim Reiben geht es nicht so sehr um das Hin- und Hergleiten der Hände, dabei schiebt man die Wollfasern nur in der Gegend herum. Es geht um das Bewegen des ganzen Filzes, also am besten nur ganz kleine kreisende Bewegungen an einer Stelle, und dann öfter mal die Stelle wechseln!
Erstes Andrücken und durchfeuchten der ausgelegten Wolle
  • Wenn man die Oberfläche einige Minuten bearbeitet hat, wendet man vorsichtig den Filz, indem man ihn mit der Unterlage hochhebt, das Ganze umdreht und auf eine andere Unterlage legt, und wiederholt den Filzprozess auf der Unterseite.
Festeres Reiben von beiden Seiten
  • Wenn die Wolle einigermaßen verfilzt ist (Zupf-Test: mit Daumen und Zeigefinger in die Wolle greifen und hochziehen, wenn sich einzelne Fasern lösen und hochziehen muß man noch weitermachen, wenn sich der ganze Filz anhebt reicht es) kann man mit dem nächsten Schritt beginnen, dem Walken. Dabei gibt es auch verschiedene Techniken, ich zähle hier mal welche auf:
    • Der Filz wird zuerst vorsichtig, später stärker mit beiden Händen durchgeknetet, herausgepreßtes Wasser/Lauge wird gelegentlich durch frisches, heißes ersetzt. Als Walkunterlage eignet sich ein altes Waschbrett, eine geriffelte Spüle, eine geriffelte Auto-Fußmatte aus Gummi oder Ähnliches. Das Filzstück sollte dabei regelmäßig gedreht werden, es schrumpft nämlich immer in die Richtung, in der man walkt.
    • Der Filz wird in einer Folie oder Noppenfolie, in einem Handtuch oder einer Bastmatte eingerollt und dann zuerst sanft, später mit Druck hin und her gerollt. Gelegentlich muß die Rolle geöffnet werden um das Werkstück in Form zu ziehen und es zu drehen, damit die Schrumpfung in allenRichtungen wirkt.
      Besonders bei großen oder dicken Stücken lohnt es sich, in der Mitte eine Holzstange oder ein Plasikrohr miteinzurollen. Große Stücke können auch bequem im Sitzen mit den Füßen gerollt werden. In der Mongolei werden die großen Filze aufgerollt und von Pferden über die Steppe gezogen!
    • Achtung: Beim Walken setzt die Schrumpfung des Filzes ein, man sollte da immer ein Auge drauf haben. Es gibt oft einen Punkt, an dem das Material ganz plötzlich sehr stark schrumpft, nachdem vorher ewig lang gar nichts passiert ist. Da werden die Filzpantoffeln schnell mal eine Nummer zu klein!
    • Bei großen/groben Stücken kann man auch durch häufiges festes auf den Boden Werfen den Filz weiter verfilzen  
Kräftigeres Kneten und Walken

Eine häufig gestellte Frage ist: Wann habe ich genug gewalkt? Das kann man leider nicht pauschal beantworten. Es hängt davon ab, wie schnell die Wolle filzt und wie fest der Filz werden soll. Für einen kleinen Wandteppich muß man keinen superfesten Filz erzeugen, aber wenn man sich ein paar Schuhe macht, sollen die ja schon eine Weile halten. So kann das Walken nach einer viertel Stunde erledigt sein, bei ein paar Schuhen vielleicht nach einer Stunde, aber für einen großen Bodenteppich muß man eventuell mit mehreren Leuten ein paar Stunden die Rolle in der Gegend herumrollen. Wenn der Filz die gewünschte Festigkeit erreicht hat, wäscht man ihn gut aus. Im letzten Waschgang kann man etwas Essig beigeben, um Seifenreste zu entfernen. Anschließend zieht und klopft man sein Kunstwerk in Form, und hängt es zum Trocknen auf. Aber möglichst nicht direkt in die Sonne!
Wenn man keine flachen Dinge gefilzt hat, sondern geformte, wie Hüte oder Beutel oder ähnliches muß man versuchen sie in der gewünschten Endform trocknen zu lassen, also den Hut beispielsweise vorsichtig über eine Flasche hängen.

Die fertige Blüte in Form bringen und trocknen lassen

Hier gibt es ein paar gute Filme bei youtube! Wenn ich Filzkurse gebe, fangen wir immer damit an einen Ball zu fizen. Das ist für Anfänger super und können sogar schon Kindergartenkinder mit etwas Unterstützung hinbekommen.

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